Russland-Ukraine-Krieg — Marktkommentar — 25.02.2022

Im Januar erwähnten wir noch, dass die militärischen Aggressionen von Wladimir Putin und das geopolitische Geschehen gegen die Ukraine die pandemisch bedingten Ängste der vergangenen zwei Jahre verdrängen. Spätestens mit dem nun vorherrschenden Angriffskrieg mitten in Europa ist dieser Wechsel vollzogen – Kriegsängste dominieren nun das Geschehen.

Trotz der traurigen Wahrheit an sich, versuchen wir als Investoren in dieser Situation einen kühlen Kopf zu bewahren. Wir haben bereits in der Woche vom 14. Februar 2022 angefangen, entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Fondspositionen in unseren verschiedenen Portfolien, die umsatzseitig betroffen sein könnten, haben wir reduziert. Außerdem haben wir begonnen, die Fonds so auszurichten, dass die langfristigen Wachstumschancen – insbesondere für den Fall von Embargo-Maßnahmen gegen Russland und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Folgen – nicht getrübt werden. Dem liegt naturgemäß die Hoffnung und Erwartung zu Grunde, dass sich der Konflikt auf die Ukraine beschränkt und nicht auf Kontinentaleuropa ausweitet und sich in Folge dessen weitere Eskalationsstufen entwickeln.

Folgendes können wir heute für unsere Investments konstatieren:

  • Wir haben bereits im 4. Quartal im Hinblick auf die konjunkturelle Post-Covid-Erholung eine höhere Gewichtung auf den Energie-Sektor gelegt, was sich auch im geopolitischen Kontext als „natürlicher Hedge“ erweist. Die Exposition in Firmen, die im Öl- und Gas-Bereich aktiv sind und nicht in Russland sitzen, profitieren durch den starken Preisanstieg naturgemäß von den Spannungen und der herrschenden Unsicherheit. Im Vergleich zum EuroStoxx600, der heute eine Exposition von ca. 5% im Energiesektor aufweist, führt unser Flaggschiff-Fonds Clartan Valeurs knapp 12% in diesem Segment an. Das erklärt auch die deutlich bessere Wertentwicklung der letzten drei Monate.
  • Die derzeit weltweit hohen Inflationsraten, allen voran in den USA und in Europa, werden unter der Berücksichtigung von hohen Energiepreisen weiterhin hoch bleiben. Insofern liegt hier unser Fokus auf Firmen mit „Pricing-Power“, sprich Firmen, die aufgrund ihrer Marktstellung die Preise ihrer Produkte und Dienstleistungen erhöhen können und somit durch die Weitergabe der Inflation an den Kunden gegen Rentabilitätsverluste geschützt sind. Hier gehören Firmen wie Elis (Nr. 1 Wäschedienstleister in Westeuropa und Brasilien), Edenred (Nr. 1 weltweit bei Ticket-Restaurants) oder GTT (Weltmarkführer für die Zertifizierung Kyrogener Gastanks für den Transport von Flüssiggas auf dem Seeweg), die heute schon 100% der beauftragten Schiffe mit Gastanks der kommenden 7 Jahre ausrüsten.
  • Das mittelfristig weiterhin valide Szenario der steigenden Zinsen sollte vorteilhaft für die führenden Banken in Europa bleiben. Auch wenn Banken am Tage des Einmarsches negativ reagiert haben, bleiben es doch interessante und nach wie vor stark unterbewertete Anlagemöglichkeiten. Die Société Générale hat mit Abstand am schlechtesten reagiert, da sie u.a. eine russische Tochterbank betreibt. Am gesamten Nettogewinn von 4 Mrd. € machte diese Tochter 2021 aber gerade einmal 50 Mio. € aus. Der börsliche Tageskursverlust von mehr als -10% am 23.02. erscheint uns im Vergleich dazu überzogen. 
  • Der Pharmasektor erweist sich seit vielen Jahren als solide, robust und unanfällig für konjunkturelle Schwankungen oder Rezessionen. Daher haben wir auch hier strukturell und historisch eine höhere Exposition, solange die Bewertungen nicht übertrieben sind. Und das waren sie zuletzt in keinem Fall.
  • Eine weitere langfristige Orientierung entlang der Alternativen Energien finden sich in unserem Clartan Ethos ESG Fonds durch beispielhafte Titel wie Prysmian und Nexans – beides Firmen, die im Bereich der Stromversorgung im Ausbau der OFF-ON-Shore-Kabelnetze führend sind und von steigenden Preisen bei Öl und Gas auch profitieren werden, da alternative Energieformen und die dazugehörige Infrastruktur mit jedem Petro-Dollar, den ein Barrel Öl mehr kostet, interessanter werden. 

Fazit

Sofern der Konflikt sich auf die Ukraine beschränkt, kann das Schreckgespenst eines Krieges in Europa schnell von der Tagesordnung verschwinden. Die Sanktionen und Embargos gegen Russland und Wladimir Putin erscheinen uns heute insbesondere symbolisch. De Facto wurden zahlreiche Ausnahmen, insbesondere im Bereich Rohstoffe und Metalle sowie der Handel in US-Dollar für jene Rohstoffe, getroffen, was ein Indiz dafür ist, dass die wirtschaftlichen Aktivitäten nicht zum Stillstand kommen werden. Unser unmittelbares und auch unser mittelbares Russland-Exposure ist nahe null, sodass sich die extremen börslichen Schwankungen normalerweise als kurzfristiges Phänomen herausstellen sollten.